(english below)

Kunst am Bau – Integrierte Sekundarschule Mahlsdorf – Nicht offener Kunstwettbewerb unter 10 Künstler*innen

Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin

Polyphon
Demokratie im Spiel erlernen

Bildung als Basis für Demokratie
Ein wesentliches Ziel demokratischen Schulwesens ist es, die Entwicklung der Heranwachsenden zu mündigen, kritischen und aktiven Persönlichkeiten zu fördern. Im zentralen Treppenhaus des Schulgebäudes bietet die Kunst am Bau dafür eine interaktive Schnittstelle. Spielerisch betont sie die Bedeutung der Meinungsfreiheit für ein gleichberechtigtes, diskriminierungsfreies und respektvolles Miteinander.

Über die Skulptur
Ein Netzwerk aus Sprachrohren verbindet je zwei Punkte auf verschiedenen Etagen des zentralen Treppenhauses. Die Skulptur mäandert durch die drei Stockwerke bis in die einladenden Sitzecken hinein. Die Enden jedes Rohres münden in farbige Trichter. Diese Aktivierungspunkte bündeln beim Hineinsprechen den Schall, der durch die Rohre zum anderen Ende transportiert wird.
Das orts-spezifische Kunstwerk kann durch mehrere Sinne erlebt werden: es kann visuell erkundet werden; die Übertragung von Schall spricht den Gehörsinn an; Zitate in Brailleschrift und geprägten Lettern als Berührungspunkte an den Trichtern bieten Tasterlebnisse.
Das Netzwerk wird durch die Interaktion der Schüler und Lehrer zum Leben erweckt. Die Verwandtschaft zum Schnurtelefon begünstigt seine intuitive Benutzung. Die durch Partizipation und Teilhabe aktivierte Skulptur lädt dazu ein, an den Öffnungen zu lauschen und in sie hineinzusprechen. Sie ermöglicht einen analogen, direkten und kreativen Austausch. Die analoge Schallübertragung durch Rohre wurde bereits in der Antike genutzt. Im 18. und 19.Jahrhundert wurden Kommunikationsrohre in Architekturkonzepten vorgestellt und unter anderem in der Schifffahrt eingesetzt, wo sie Maschinenraum und Kommandobrücke miteinander verbanden.
Die Arbeit besteht aus 5 Rohren und 10 Trichtern – je zwei Trichter identischer Farbgebung pro Rohr. Ihr Abstand zum Boden variiert zwischen 100 cm und 140 cm. Mit diesem Höhenunterschied wird einerseits auf unterschiedliche Körpergrößen der Schülerinnen und Schüler als auch die barrierefreie Erreichbarkeit für Rollstuhlfahrer Rücksicht genommen. Um zu verhindern, dass Rohre verstopft werden, ist jede Öffnung mit einem Lochgitter geschützt.

Die Funktionen und Möglichkeiten der Skulptur
In den beiden blauen Trichtern befinden sich Lautsprecher. Die weiteren 8 Trichter weisen am äußeren Rand je ein Zitat in Originalsprache auf, welche in Brailleschrift sowie in erhabener lateinischer Schrift ausgeführt sind. Sie thematisieren freie Meinungsäußerung und Beziehungen zwischen Sender und Empfänger. Die Zitate laden zum Erforschen der Zitatgeber und Erkunden der verwendeten Sprachen Englisch, Deutsch, Französisch und Braille ein, sie haben eine aktivierende Funktion inne. Die Lautsprecher in den beiden blauen Trichtern werden durch ein zugangsgeschütztes Speichermedium im Inneren des Rohrs mit Inhalten befüllt. Lehrerinnen und Lehrer haben die Möglichkeit, Inhalte gemeinsam mit ihren Klassen zu entwickeln und die Skulptur um ein weiteres dynamisches Element zur Verhandlung demokratischer Werte zu erweitern. Diese Komponente birgt das Potential, sich als Informations- und Diskussionsplattform mit flexibel austauschbaren Inhalten innerhalb des Schulalltags zu etablieren.

Die Skulptur im Architekturkontext
Die Aluminiumverkleidung der mit Innen und Außen spielenden Fassade der Schule umhüllt die natürliche Holzkonstruktion darunter. Die Skulptur kehrt dieses Verhältnis um: dünnes Eichenholzfurnier lokaler Herkunft umhüllt den Großteil des industriellen Metallrohrs. Trotz ihrer räumlichen Ausbreitung gliedert sich die Skulptur durch Aufgreifen im Gebäude verwendeter Materialien harmonisch in die Architektur ein. Die Farben der Trichter sind aus einer Google-Luftaufnahme der unmittelbaren Umgebung der Schule abgeleitet und verweisen im Innenraum auf das direkte Umfeld außerhalb des Neubaus. Das Gebäude strahlt Offenheit aus und verbirgt seine Nutzung nicht. Ebenso verhält es sich mit dem vorliegenden Entwurf.
Erläuterungsbericht – Kunst am Bau – Integrierte Sekundarschule Mahlsdorf 514239
Der Verlauf der Rohre ergibt sich durch die architektonische Struktur der Schule und berücksichtigt die Position der Oberlichter, den ausreichenden Abstand zu den Treppen, die Einhaltung der Deckenhöhen, Barrierefreiheit und Fluchtwege.
Das lichtdurchflutete Treppenhaus ist ein Ort der Begegnung und des Austauschs. Hier begegnen sich Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedener Herkunft. Dieser zentrale Verbindungskorridor bietet den idealen Standort für ein Kunstwerk, in dessen Zentrum Kommunikation steht.

Gelebte Meinungsfreiheit
Die Skulptur ordnet dem Akt des Sprechens den ebenso wesentlichen Akt des Zuhörens bei und trägt die Vielstimmigkeit bereits im Namen. Respektvolles Sprechen und emphatisches Zuhören gehören wesentlich zusammen und sind grundlegend für ein funktionierendes, demokratisches Zusammenleben. Die partizipative Skulptur gibt Heranwachsenden die Möglichkeit, spielerisch das Sender-Empfänger-Modell als Grundprinzip von Kommunikation zu erlernen. Das Kunstwerk schafft ein gleichberechtigtes Kommunikationsmodell innerhalb der Schulgemeinschaft. Jeder kann Empfänger und jeder kann Sender sein, ganz analog.
Im Jahr 1949, vor genau 70 Jahren, wurde das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verkündet. Das hier festgeschriebene Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist essentiell für demokratische Schulbildung. In der Schule sollen junge Menschen die Wertvorstellungen der demokratischen Grundordnung wie Freiheit, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte begreifen und ermuntert werden, sich für eine liberale und offene Gesellschaft zu engagieren. Eine Demokratie ohne freie Meinungsäußerung ist nicht denkbar.
Die Skulptur Polyphon feiert die Vielzahl und Vielfalt von Stimmen innerhalb der neu eröffneten Integrierten Sekundarschule Mahlsdorf. Die Sprachrohre laden ein zum spielerischen Kommunizieren mit einem unsichtbaren Unbekannten. Dadurch werden Berührungsängste zwischen Altersgruppen und Klassengruppierungen abgebaut.
Material

(english)

The large-scale sculpture celebrates the multitude and variety of voices within a new school in Berlin-Mahlsdorf. The speaking tubes invite to playful communication with an invisible unknown. This reduces the fear of contact between age groups and class groupings.

The network is brought to life through the interaction of students and teachers. The sculpture, activated by participation, invites one to listen to the openings and to speak into them. It enables an analog, direct and creative exchange. The analog sound transmission through pipes was already used in ancient times. In the 18th and 19th century communication pipes were presented in architectural concepts and used e.g. in shipping, where they linked engine room and command bridge with each other.

The work consists of 5 tubes and 10 funnels – two funnels of identical colors per tube. Their distance to the ground varies between 100 cm and 140 cm. This takes different body sizes of the students as well as the barrier-free accessibility for wheelchair users into consideration.

Eight funnels have a citation in the original language on the outer edge, which are executed in Braille and in raised Latin letters. They address freedom of expression and relations between the sender and the recipient. The quotes invite you to explore the quoted individuals and explore the languages ​​used English, German, French and Braille. The two blue funnels have speakers. Teachers have the opportunity to develop content together with their classes and to expand the sculpture with another dynamic element for the negotiation of democratic values.

The sculpture in the architectural context

The aluminum cladding of the inner and outer facade of the school envelops the natural wooden structure underneath. The sculpture reverses this relationship: thin oak veneer of local origin encases most of the industrial metal pipe. Despite its spatial spread, the sculpture is integrated harmoniously into the architecture by picking up materials used in the building. The course of the pipes is determined by the architectural structure of the school and takes into account the position of the skylights, the sufficient distance to the stairs, the compliance with the ceiling heights, accessibility and escape routes.

The light-flooded staircase is a place of encounter and exchange. This is where people of different ages and backgrounds come together. This central corridor provides the ideal location for a work of art that focuses on communication.

Freedom of expression

The sculpture assigns to the act of speaking the equally essential act of listening. Respectful speech and emphatic listening belong together and are essential for a functioning, democratic coexistence. The participative sculpture gives adolescents the opportunity to playfully learn the transmitter-receiver model as a basic principle of communication. The artwork creates an equal communication model within the school community. Anyone can be a receiver and everyone can be a sender, quite analogously.

In 1949, exactly 70 years ago, the Basic Law was promulgated for the Federal Republic of Germany. The fundamental right to freedom of expression laid down here is essential for democratic education. At school, young people should understand the values ​​of democratic order, such as freedom, equality, the rule of law and human rights, and be encouraged to engage in a liberal and open society. A democracy without freedom of expression is unthinkable.